Auf dem Höhepunkt seiner Sucht schwant Felix (Name geändert), dass er innerhalb von drei Jahren schon 400.000 Euro verspielt hat. „Ich habe jede freie Minute an meinem Handy verbracht“, erinnert sich der Mittfünfziger. „Ich habe auf dem Weg in den Park gespielt, mit meinem kleinen Mädchen auf dem Arm. So krank war das.“
Seine Scheidung und das Gefühl der Einsamkeit verstärkten diese Gewohnheit. Nachdem er den Erlös aus dem Verkauf seines Hauses verschwendet hatte, nahm er neun Kredite auf und kündigte seine Rentenpläne.
Ein Online-Casino habe seine Krankheit besonders ausgenutzt, sagt er. In nur sechs Monaten verlor er 245.000 Euro bei Wazamba, einer Website, die ihm „VIP-Status“ verlieh, ein Treueprogramm, bei dem Vielspieler einen persönlichen Manager erhalten. „Ich konnte spielen und sie dann anrufen, um etwas Geld zurückzubekommen, um weiterzuspielen. Sie geben einem immer sofort Kredit“, erzählt er. „Die Leute, die diese Casinos betreiben, die haben mein Leben gestohlen.“
Investigate Europe fand heraus, dass Wazamba Teil eines riesigen Netzwerks von Glücksspielseiten ist, die auf den schwarzen Listen vieler nationale Aufsichtsbehörden in Europa stehen. Sie alle sind mit Soft2bet verbunden, einem preisgekrönten Glücksspielkonzern mit Sitz zwischen Malta und Zypern. Auf Anfrage von Investigate Europe bestritt das Unternehmen jegliches Fehlverhalten. „Unsere Geschäftstätigkeit erfolgt unter vollständiger Einhaltung aller geltenden Gesetze, Vorschriften und Lizenzbedingungen in allen Gerichtsbarkeiten, in denen wir zum Betrieb zugelassen sind“, heißt es in der Erklärung.
Unlizenzierte Geschäftstätigkeit in ganz Europa
Doch das stimmt so nicht. Soft2bet selbst ist zwar keine Glücksspielplattform. Ein Besuch auf der gut gepflegten Website zeigt ein Unternehmen, das lediglich die Technologie und Software für die milliardenschwere europäische Glücksspielindustrie anbietet und ein bescheidenes Portfolio von fünf eigenen Marken für Geldspiele betreibt.
Aber die Geschäfte des Unternehmens gehen viel weiter. Investigate Europe hat über 140 Glücksspiel-Websites bis zu Soft2bet zurückverfolgt. Die meisten davon sind in mehreren EU-Staaten verboten, weil sie ohne Lizenz betrieben werden.
Mindestens 114 dieser Websites stehen zum Stand Februar 2025 in einem EU-Land auf der schwarzen Liste für illegale Webseiten der nationalen Behörden. Dazu gehören Frankreich, Polen, Griechenland, Italien, Spanien, Belgien und Ungarn. Die Zahlen sind wahrscheinlich zu niedrig angesetzt, da die schwarzen Listen nicht vollständig sind und die Behörden in großen Märkte wie Deutschland und Großbritannien keine solchen Listen veröffentlichen.
Um das Netzwerk zu entwirren, analysierte Investigate Europe zahlreiche Unternehmensdokumente, Markenregister und Datenbanken über die Eigentümer von Web-Adressen. Die Unterlagen belegen Verbindungen zwischen den Glücksspielseiten in den EU-Staaten und Curaçao, Dubai, Gibraltar und den Marshallinseln.
Fast alle der 114 auf der schwarzen Liste stehenden Websites werden von den Aufsichtsbehörden mit Unternehmen in Zypern, Malta und Curaçao in Verbindung gebracht. Aus den von Investigate Europe eingesehenen Unternehmensunterlagen geht hervor, dass der Gründer von Soft2bet und seine Partner zu verschiedenen Zeitpunkten als Aktionäre auftraten. Mehr als die Hälfte der nicht zugelassenen Casinos haben über ihre Marken auch solche Eigentumsverbindungen. Über 20 Marken wurden sogar direkt auf der eigenen Website von Soft2bet beworben.
Darüber hinaus haben die schwarzen Listen der Regulierungsbehörden offenkundig keine praktische Wirkung. Investigate Europe konnte auf Dutzenden der gesperrten Websites auf dem gesamten Kontinent Konten eröffnen.
Wie eine Analyse der Website-Zugriffsdaten zeigt, verzeichnen viele dieser Websites nach wie vor Millionen monatlicher Besucher.
Unternehmen, die dem Gründer von Soft2bet und seinen Partnern gehören, haben sogar selbst einige der Glücksspielplattformen aktiv beworben, obwohl sie nicht über die entsprechenden Lizenzen verfügen.
Eines der größten von Soft2bet entwickelten Projekte ist Boomerang, das von den Behörden in mindestens sechs Ländern – darunter Frankreich, Italien, Spanien und Griechenland – als nicht zugelassen eingestuft wurde. Ungeachtet dessen gelang es Boomerang, mit dem AC Mailand im Juli 2024 einen Vertrag als offizieller regionaler Wettpartner in Europa abzuschließen, und das obwohl Boomerang auch in Ialien auf der schwarzen Liste der Behörden geführt wird
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Das schiere Ausmaß solcher unlizenzierten Operationen, die von irgendwelchen Inselstaaten aus über ein Labyrinth sich ständig ändernder Web-Adressen gesteuert werden, macht ihre Bekämpfung beinahe aussichtslos, wie mehrere europäische Glücksspielaufsichtsbehörden zugaben.
Bankrotte Briefkastenfirmen
Zum Glück für Felix konnte er Wazamba vor deutschen Gerichten verklagen. Zu diesem Zeitpunkt hat Soft2bet das Casino diskret über zwei Briefkastenfirmen unter den Namen Rabidi und Araxio Development, verwaltet. Im Jahr 2022 erwirtschaftete Rabidi 343 Millionen Euro. Beide hatten ihren Sitz in Curaçao, der karibischen Steueroase, die für ihre laxen Glücksspielvorschriften berüchtigt ist.
Im Jahr 2023 urteilte das deutsche Landgericht, dass Rabidi, das in Deutschland nicht lizenziert war, Felix alle seine Verluste zurückzahlen müsse. Zwei Jahre später wartet er aber immer noch auf das Geld, ebenso wie mehrere andere Gläubiger. Denn sowohl Rabidi als auch Araxio wurden in Curaçao nach einer Reihe ähnlicher Gerichtsverfahren für bankrott erklärt. Das zugehörige Vermögen wurde jedoch vor den Urteilen durch Übertragung auf eine andere Offshore-Firma in Sicherheit gebracht. Was die Opfer zu diesem Zeitpunkt nicht wissen konnten, war deren Verbindung Pleiteunternehmen zu Soft2bet.
Das 2016 gegründete Unternehmen gehört Uri Poliavich, einem israelischen Geschäftsmann, der auf Zypern lebt. Sein Konzern beschäftigt mehr als 1.000 Mitarbeiter und hat mehrere Branchenauszeichnungen erhalten. Maltas Wirtschaftsminister weihte im vergangenen Jahr sogar persönlich die neuen Büros des Konzerns ein.
Soft2bet erwirtschaftete 2023 einen Gewinn von 66,8 Millionen Euro und schüttete eine Dividende von 57,8 Millionen Euro an Poliavich aus. Aus Unternehmensunterlagen geht hervor, dass er einen Teil seines Vermögens in Immobilien in Zypern, Prag und Sofia sowie in Autos im Wert von über 1,3 Millionen Euro investiert hat.
Um sein Imperium aufzubauen, hat sich Poliavich – der 2024 auf einem Branchengipfel zum „Chef des Jahres“ gekürt wurde – unzähliger Casinos und Sportwetten-Websites bedient, die auf den schwarzen Listen stehen. Investigate Europe und seine Partner haben 25 Fragen an Soft2bet und Poliavich gerichtet. In einer Stellungnahme erklärte das Unternehmen: „Soft2bet ist ein führender Anbieter von Software für Online-Casinos und Sportwetten und verfügt weltweit über verschiedene Lizenzen. Als vollständig lizenziertes und streng reguliertes Unternehmen nehmen wir unsere Compliance-Verpflichtungen und regulatorischen Verantwortlichkeiten äußerst ernst. Wir weisen die in Ihrer E-Mail vorgebrachten haltlosen Anschuldigungen und irreführenden Unterstellungen kategorisch zurück. Jegliche Andeutung, dass Soft2bet sich an unzulässigen Aktivitäten beteiligt, ist völlig falsch, verleumderisch und haltlos. Wir weisen den Versuch zurück, unseren Ruf durch unbegründete Anschuldigungen oder unverantwortliche Berichterstattung zu schädigen.“
Boomerang zieht die Besucher an
Doch die Unterlagen, die Investigate Europe vorliegen, erzählen eine andere Geschichte. Einige der auf den schwarzen Liste stehenden Marken, die auf Soft2bet zurückgehen, wie Wazamba, wurden direkt von dem Unternehmen betrieben. Andere wurden von der Gruppe im Auftrag von Kunden als „schlüsselfertige Casinos“ erstellt.
Boomerang ist eines der letzteren. Der vielleicht größte Erfolg dieses Netzwerks: Die Sportwetten- und Casino-Plattform wurde im vergangenen Jahr offizieller Wettsponsor des AC Mailand.
Allein die Web-Adressen von Boomerang verzeichneten in den letzten drei Monaten des Jahres 2024 17 Millionen Besuche: 3 Millionen kamen aus Spanien, 1 Million aus Griechenland und fast 500.000 aus Italien, obwohl sie in diesen Ländern auf der schwarzen Liste stehen. Über 7 Millionen kamen aus Deutschland, wo Boomerang ebenfalls nicht über die erforderlichen Lizenzen verfügt.
Die Eigentümer der Marke sind vier russische Staatsbürger, die öffentlich ihre Verbindungen zu Boomerang oder anderen Wettanbietern bestätigen. Aus Unternehmensunterlagen geht hervor, dass sie in Zypern und Berlin leben, wo zwei von ihnen auch ein Immobilienunternehmen gegründet haben. Investigate Europe versuchte, sie über Boomerang zu kontaktieren, aber sie antworteten nicht auf Anfragen nach Kommentaren. Auch der AC Mailand beantwortete keine Fragen.
Neben den Daten zum Web-Traffic finden sich in den Marketingmaterialien der Gruppe auch Belege dafür, dass mit Soft2bet in Verbindung stehende Websites ohne gültige Konzession um europäische Spieler buhlen.
So zum Beispiel das MyEmpire-Casino. Sein Partnerprogramm – eine Partnerschaft zur Bewerbung der Marke mit Influencern – umfasst Frankreich, Italien, Griechenland, Polen und Ungarn als „Zielmärkte“, obwohl die Casiono-Seite in diesen Ländern verboten ist. Um Spieler in ganz Europa zu erreichen, hat sich Soft2bet mit mehreren Partnerprogramme gearbeitet, von denen viele über zwei Unternehmen in Gibraltar verwaltet werden.
Offshore-Vorteile
Die meisten europäischen Regierungen fordern von Unternehmen, die um Online-Wettspiele auf ihren Märkten anbieten, eine Genehmigung bei den nationalen Behörden zu beantragen. Dies hilft ihnen, die Branche zu kontrollieren, zu besteuern und zu regulieren, die durch Sucht und Geldwäsche in Verruf geraten ist.
Die Curaçao-Lizenz, welche die Soft2bet-Casinos besaßen, erlaubte es ihnen also sichern nicht, ein europäisches Publikum anzusprechen. Aber sie bot ihnen die dringend benötigte Geheimhaltung.
„Curaçao ist die größte und älteste Offshore-Glücksspiel-Gerichtsbarkeit der Welt“, erklärt Nardy Cramm, eine niederländische Investigativjournalistin. Ihre Recherchen ergaben, dass bis zu 20.000 Online-Glücksspielseiten von der Insel aus betrieben werden, etwa 70 Prozent aller Casino-Seiten weltweit.
Im Jahr 2019 gründete Cramm die SBOK, eine Stiftung, die Opfern illegaler Anbieter mit Sitz in Curaçao hilft. Sie erhält täglich ein bis zwei Beschwerden, einige davon gegen Rabidi und Araxio. „Wir können nicht jedem helfen, weil es einfach zu viele sind“, sagt sie.
Besonders n den Jahren nach 2020 haben nicht lizenzierte Casinos einen Boom erlebt. Während der Covid-19-Pandemie strömten die Spieler ins Internet, und da die meisten Sportveranstaltungen ausgesetzt wurden, wandten sich viele den süchtig machenden virtuellen Spielautomaten zu.
Ein finnischer Spieler, der anonym bleiben möchte, berichtete Investigate Europe, wie er während der Pandemie 120.000 Euro auf Rabidi-Websites verloren hat. Eines der Casinos, House of Spades, habe einen Bonus von 50 Euro angeboten, als er versuchte, sein Konto zu schließen, so der Spieler.
„Ich denke an neun von zehn Tagen an Selbstmord“, sagte der Spieler, der Schulden in Höhe von 70.000 Euro angehäuft hat. „Gott sei Dank habe ich keine Waffe.“
Juhani Ala-Kurikka, bis vor Kurzem leitender Berater der finnischen Glücksspielbehörde, sagt, dass die Bekämpfung illegaler Geschäfte eine undankbare Aufgabe sei. „Das Problem ist, dass die Unternehmen auf Curaçao nicht kooperieren. Wir erhalten keine Antwort auf unsere Briefe und in einigen Fällen kennen wir nicht einmal die tatsächliche Adresse der Unternehmen.“
Komplexe Unternehmensstrukturen
Die Verbindung von Soft2bet zu den auf der schwarzen Liste stehenden Plattformen ist den Aufsehern oder Ermittlern jedoch meist entgangen, was vor allem auf die komplizierten Unternehmensstrukturen zurückzuführen ist.
Die Behörden haben bisher die beiden Briefkastenfirmen auf Curaçao beschuldigt, ohne sie mit Soft2bet in Verbindung zu bringen. Sowohl Rabidi als auch Araxio wurden in Österreich und Deutschland gerichtlich dazu verurteilt, Spielern ihre Verluste zu erstatten. In Spanien wurde Rabidi im Zusammenhang mit 25 „angeblich illegalen“ Casinos zu einer Geldstrafe von 5 Millionen Euro verurteilt. Die spanische Regulierungsbehörde gab an, dass die Strafe noch nicht bezahlt wurde.
Ein Beweis dafür, dass Soft2bet dahintersteckt, findet sich in Zypern, wo das Unternehmen seine Top-Beteiligungen hält.
Der Gründer und CEO von Soft2bet, Poliavich, kontrollierte Araxio direkt über Outono Ltd, ein zyprisches Unternehmen, das bis vor kurzem als Top-Beteiligung von Soft2bet diente. Rabidi gehörte einem engen Partner, Denys Butko, einem ukrainischen Staatsbürger, der auf der Mittelmeerinsel lebt.
Die beiden Männer tauchen in offiziellen Unterlagen selten zusammen auf, aber ihre Freundschaft ist offensichtlich. In den sozialen Medien zeigen sie Bilder, wie sie Zeit mit der Familie in der Ukraine verbringen. Poliavich wählte Butko sogar als Direktor eines Unternehmens aus, mit dem er eine 475.000-Dollar-Wohnung in Panama City kaufte. Butko antwortete nicht auf Anfragen nach Kommentaren.
Zwischen 2017 und 2024 nutzten der Gründer von Soft2bet und Butko Araxio bzw. Rabidi, um fast 550 Casino-Web-Adressen einzurichten. Unternehmenskonten deuten darauf hin, dass Araxio die Softwarerechte besaß und Rabidi ein Glücksspielanbieter war.
Ab 2021 tauchten Rabidi und Araxio immer wieder auf europäischen schwarzen Listen auf, und Poliavich bat Butko, seine Angelegenheiten neu zu ordnen. Butkos eigenes zyprisches Unternehmen Interpava spielte bei der Umstrukturierung eine Schlüsselrolle.
Zunächst übernahm Interpava, dem bereits Rabidi gehörte, Araxio, während die Softwarerechte an ein anderes Unternehmen von Poliavich übertragen wurden. Anschließend gründete Interpava ein drittes Unternehmen auf Curaçao, das den Kasinobetrieb von Rabidi übernahm und von den örtlichen Glücksspielbehörden eine Lizenz erhielt.
Interpavas Anteile wurden schließlich an einen weiteren Geschäftspartner von Butko übertragen. Als Araxio und Rabidi 2023 bzw. 2024 für insolvent erklärt wurden, waren die beiden Unternehmen wertlos. Die direkten Verbindungen zu Poliavich und Butko wurden gekappt.

Georgina Choleva/Spoovio
„Es gibt keine gute Möglichkeit, sie aufzuspüren“
„Rabidi war eine absolute Geldmaschine mit mehr als 70 sehr profitablen Online-Casinos, die weltweit betrieben wurden“, sagt Stan van Liere, Anwalt bei HBN Law & Tax, der Kanzlei, die Rabidis Insolvenz abwickelt. “Bisher haben Dutzende von Gläubigern Forderungen gegen Rabidi geltend gemacht, aber das Unternehmen hat keine Vermögenswerte oder Barmittel mehr in Curaçao, alles ist in anderen Jurisdiktionen versteckt.“
RightNow, eine deutsche Anwaltskanzlei, die Spielern bei der Rückforderung von Geldern hilft, untersuchte verschiedene Forderungen gegen Araxio und Rabidi, konnte aber nicht herausfinden, wer dahintersteckte. „Im Grunde gibt es keine gute Möglichkeit, sie aufzuspüren und das Geld zu bekommen, das Kunden mit Sitz in Europa zusteht“, sagt Benedikt Quarch, Mitbegründer von RightNow. „Es ist verrückt, dass diese großen Unternehmen einfach juristische Personen schließen und wieder eröffnen und Gelder hin- und herschieben können.“
Im Jahr 2024 wurden die Strukturen des Netzwerks weiter verschleiert. Auf den Marshallinseln wurden weitere Briefkastenfirmen gegründet. Glücksspielmarken wie Wazamba oder House of Spades, die ursprünglich zypriotischen Unternehmen gehörten, wurden auf eine Briefkastenfirma in Dubai übertragen.
Ein Großteil der auf der schwarzen Liste stehenden Websites, die Investigate Europe mit Soft2bet in Verbindung brachte, hat Curaçao offenbar ebenfalls verlassen. Sie nutzen jetzt eine Glücksspiellizenz von Anjouan, einer Insel im Indischen Ozean, die sich zu einem weiteren Steuerparadies für virtuelle Casinos entwickelt hat. Genau wie zuvor Curaçao erlaubt eine Genehmigung von Anjouan den Casinos nicht, legal auf die meisten europäischen Märkte zuzugreifen.

Georgina Choleva/Spoovio
Ein geschicktes öffentliches Image
Poliavich wurde 1981 in der Ukraine geboren und stammt nach eigenen Angaben aus bescheidenen Verhältnissen. Der ausgebildete Jurist begann seine Glücksspielkarriere in Kirgisistan, bevor er 2016 Soft2bet in Kiew gründete. Poliavich machte es von Anfang an zu einem Familienunternehmen, indem er seine Frau als Finanzchefin des Unternehmens einbezog.
Als das Unternehmen zu einem preisgekrönten Unternehmen heranwuchs, das für seinen „herausragenden Beitrag zum Glücksspiel“ anerkannt wurde, verlegte Soft2bet seine Hauptniederlassungen nach Zypern und Malta.
Im vergangenen September feierten Poliavich und seine Mitarbeiter in Budapest den achten Jahrestag von Soft2bet. Die 300 Gäste wurden im ungarischen Museum für Nationale Kunst mit einem üppigen Galadinner verwöhnt.
Es gab in der Tat viel zu feiern. Soft2bet hat nicht nur eine Vielzahl von Casinos geschaffen, die auf europäischen schwarzen Listen landeten, sondern auch eine Handvoll lizenzierter Marken in Europa erfolgreich eingeführt. Dazu gehören Betinia und Campobet in Schweden und Dänemark sowie Elabet in Italien.
Der Traffic der Websites in autorisierten Märkten wird jedoch bei weitem von anderen verbotenen Plattformen übertroffen, die mit der Gruppe in Verbindung stehen. Mit etwas mehr als 15.000 italienischen Besuchern in den letzten drei Monaten des Jahres 2024 wird Elabet von den 70 Casinos des Programms auf der schwarzen Liste in diesem Land in den Schatten gestellt.
Campobet hatte unterdessen Hunderttausende Besucher aus Norwegen, Finnland, Ungarn und Polen, wo es nicht betrieben werden darf. Die Marke war zuvor Sponsor der Champions Hockey League in Schweden.
In der EU waren Mitte 2024 schätzungsweise 70 Prozent der Online-Wetten illegal, wobei laut Yield Sec, einer Plattform für Marktanalysen, 6.000 nicht lizenzierte Anbieter auf die Region abzielten.
H2 Gambling Capital, ein weiteres Beratungsunternehmen, schätzt den Anteil des Schwarzmarktes auf etwa 20 Prozent. Die Methoden unterscheiden sich, aber das Ausmaß ist alarmierend.
„Dies ist kein neuer Trend oder ein einmaliges Problem, sondern die neue Normalität“, warnt Ismail Vali, Gründer von Yield Sec. “Die Glücksspielindustrie existiert in jedem Staat als ein Eisberg-Marktplatz. Oberhalb der Wasserlinie ist die legale Industrie gut sichtbar – reguliert, besteuert, kontrolliert. Aber sie schwimmt in einem Meer der Kriminalität.“
Die EU hat keine gemeinsame Gesetzgebung für Glücksspiele, sodass die Mitgliedstaaten die Branche unabhängig voneinander regulieren und überwachen müssen.
„Der illegale Online-Glücksspielmarkt ist ein sehr interessantes und bedauerliches Beispiel dafür, dass die Strafverfolgung in Europa nicht funktioniert“, sagt Benedikt Quarch. “Stellen wir uns nur einen Moment lang vor, es gäbe einen europäischen Lizenzierungsmechanismus. Ich denke, das wäre viel effizienter als die Genehmigung und Kontrolle in jedem einzelnen der 27 Mitgliedstaaten .“
Bis ein solcher Konsens erreicht ist, werden nicht lizenzierte Websites auf dem gesamten Kontinent weiterhin gefährdete Spieler ins Visier nehmen, ohne fürchten zu müssen, dass ihnen die nationalen Behörden auf den Fersen sind.
Zurück an der Oberfläche steht Soft2bet vor einem weiteren Rekordjahr. Die Gruppe bereitet sich auf die Einführung ihrer Marke Elabet in Griechenland vor, nachdem sie dort die erforderliche Lizenz erhalten hat, obwohl 55 ihrer anderen Websites auf der schwarzen Liste des Landes stehen.
Die griechische Glücksspielkommission gab an, eine „eingehende Überprüfung“ der Beweise und Belege durchgeführt zu haben und keine „nachgewiesene Verbindung zwischen Rabidi und Soft2Bet“ gefunden zu haben.
Die Behörden in Belgien, Frankreich, Ungarn, Italien und Polen antworteten nicht auf Anfragen von Investigate Europe.
Derweil versucht Felix, der deutsche Spieler, der 245.000 € an Wazamba verloren hat, sein Leben neu aufzubauen. Nachdem er seiner Familie seine Spielsucht gestanden hatte, sperrte er sich selbst für das Online-Banking und ging zu einem Therapeuten. Mit 1.400 Euro Schulden, die er jeden Monat zurückzahlen muss, ist er noch nicht über den Berg. „Am Ende des Monats ist nichts mehr übrig“, sagt er.
Mitarbeit: Piret Reiljan und Harald Schumann
Redaktion: Chris Matthews